vielfältig monochrom

Marte.Marte Architects – Buchgestaltung Marte.Marte, Feldkirch

Architekturpublikationen zeigen die Baureferenzen in der Regel durchdekliniert, vom Standortplan bis zum Detailplan. Für die erste große Werkschau der Architekten Marte.Marte haben wir uns für einen anderen Weg entschieden. Im Sinne eines „Roadmovies“ wurden das Unterwegssein und der direkte Vergleich in den jeweiligen architektonischen Innenräumen und Außenlandschaften ermöglicht. Die Innen-Außen-Beziehungen der Architektur von Marte.Marte gründen nicht auf ablesbaren maßrhythmischen Ansätzen, sondern sind in einem übergeordneten konzeptionellen Sinn miteinander verwoben. Dieser Ausgangspunkt ihrer Architektur eröffnet eine visuelle Neuerzählung der Werke in einer unkonventionellen Buchform.

„Marte.Marte Architects“ ist ein Bildband mit eingeschobenen Textpassagen. Der Inhalt ist gegliedert in fünf Akte: Personen/Außen/Innen/Ideen/Akteure. Die Texte verstehen sich als sprachliche Reflexionen aus verschiedenen Blickwinkeln von fünf Autoren und Autorinnen: Emmanuel Caille, Andrea Maria Dusl, Marina Hämmerle, Otto Kapfinger und Anatxu Zabalbeascoa.

Reinhard Gassner

Ich erinnere mich, als ich mit Stefan und Bernhard Marte durch Dornbirn spazierte – der eine links und der andere rechts von mir –, musste ich mir ein Grinsen verkneifen, weil ich mir vorkam, wie von zwei schwarz bekleideten Bodyguards flankiert. Die architektonische Sprache der Brüder ist einfach und gleichzeitig raffiniert. Es ergibt sich unmittelbar das Gefühl, jeder Baukörper sei aus einem Guss. Konsequent und kompromisslos stehen die Bauten im öffentlichen Raum. Nichts ist dem Zufall überlassen und alles bis ins letzte Detail durchgeplant. Die Buchgestaltung spiegelt diese Haltung wider: ein Monolith in schwarzer Farbe gegossen – radikal und poetisch zugleich. Ich orientierte mich speziell für dieses Buchwerk an dem Leitsatz meines damaligen Lehrers Jost Hochuli, einem der bekanntesten Schweizer Buchgestalter: „so viel wie nötig und so wenig wie möglich“. Wir entschieden uns für eine rigorose, bildorientierte Sprache in Abfolge und Seitengestaltung. Nach außen hin wirkt das Buch wie ein schwarzer Baustein. Das Cover ist Schwarz in Schwarz gedruckt, die Typografie differenziert sich nur durch Matt- und Glanzeffekte. Selbst die Schnitte ringsum sind schwarz, sie geben jeder Panoramaseite im Buch ein hauchdünnes Passepartout. Diese Gestaltung führte zu Diskussionen mit dem Verlag, der meinte, das Buch lasse sich so nicht verkaufen. Erst als sie das fertige Buch in der Hand hielten, erkannten sie den visuellen Sonderstatus und erhöhten sogar den vorgesehenen Verkaufspreis. Die Zusammenarbeit mit den Marte-Brüdern verlief bei diesem Buchprojekt intensiv und zielgerichtet. Wir teilen die Passion für Bild und gute Gestaltung, der Ansatz war immer ganzheitlich und aufeinander abgestimmt. Erst während der Workshops entstanden Bildideen, wie beispielsweise Porträts der Bauherren und der Crew sowie Luftaufnahmen der Gebäude. Stefan Marte begleitete die Heli­kopterflüge mit dem Fotografen Marc Lins. Die Schrägluftper­spektive holt die Gebäude aus der gewohnten Blickebene und setzt sie modellartig in größere räumliche Zusammenhänge. Die fulminanten farbigen Bildstrecken von Bruno Klomfar, Marc Lins, Petra Rainer und Ignacio Martínez bilden die eigentliche Substanz der visuellen Erzählung. Was aber viel weiter greift, ist die konsequente Trennung der Außen- und Innendarstellung der Projekte. Der Betrachter soll die Architektur von Marte.Marte sinnlich erleben – vom Hohlraum zum Baukörper und wieder retour.

Andrea Gassner

Marte.Marte formen ihre „Nester“ und „Burgen“ schalen­bildend. Die kompakten Baukörper vermitteln Wahrnehmungsmomente wie Kräftefelder in alle Richtungen oder besondere Be­­ziehungen zu Grund und Boden, sie bieten Kontur, Rivalität, Überschneidendes und Einfassendes. Innen faszinieren die besondere Maßstäblichkeit, die Wechsel zwischen Enge und Weite, zwischen Drucksteigerung und -minimierung räumlicher Zustände und die Lichtführungen. Die Themen dieser architektonischen Gestaltung werden aber in ihrer Konsequenz und Wirkung erst durch die Aneinanderreihung von außen und innen deutlich. Gezeigt werden deshalb zuerst alle Projekte von außen, dann alle Projekte von innen. Die subtile Verwebung beider Perspektiven gelingt durch Verweise in der Paginierung der Doppelseiten. Auch bei den Einstiegen zu den Projektdarstellungen zelebrierten wir diesen Kontrast: piktogrammartige Grundrisse und Schnitte in den Außenbildfolgen, Flugaufnahmen in den Innenbildfolgen.

Reinhard Gassner


Zwei Jahre nach Erscheinen des Buches haben wir den Block als szenografisches Exponat in einer Ausstellung neu angewendet. In ihrer ersten monografischen Werkschau stellte das Architekturforum Aedes am Pfefferberg in Berlin Marte.Marte Architekten vor. Schlüsselfotos von acht Bauwerken wurden im Format 70 × 100 Zentimeter randabfallend gedruckt, aufeinandergestapelt und blockgeleimt. Die Posterblöcke in Tischhöhe standen den Besuchern auf extra gefertigten schwarzen Paletten zum Abreißen und Mitnehmen zur Verfügung. Von dem Angebot wurde reichlich Gebrauch gemacht, die starken Postermotive sprechen für sich. Die Kopfzeile mit grafisch reduzierten Grundfiguren der acht Bauten klassifiziert das jeweils dargestellte Bauwerk eindeutig und verweist darüber hinaus auf die übrigen sieben Objekte.