umfassend vorausschauend

Vis!on Rheintal  –  Kommunikationsarbeit für Regionalentwicklung

Vision Rheintal ist seit 2004 ein Leitbildprozess der räumlichen Entwicklung und regionalen Kooperation im Vorarlberger Rheintal, das sich zwischen Bregenz/Lochau und Feldkirch erstreckt. Was bedeutet Vision Rheintal? Ein Bekenntnis zur Provinz, ausgesetzt den Sogwirkungen urbaner Zentren wie Zürich, München oder Mailand? Oder der Traum von einer „Großstadt“, eingebettet zwischen der geografischen Grenze des Rheins, der Naturlandschaft am Bodensee und den attraktiven Hanglagen des Tals?

Ich wurde für zwei Jahre mit der Leitung der Arbeitsgruppe Kommunikation beauftragt, die sich aus den Verantwortlichen für die Öffentlichkeitsarbeit der 29 involvierten Gemeinden sowie weiteren Experten zusammensetzte. Hauptaufgabe und Themenbereich für unser Atelier war die Kommu­nikation für den über zwei Jahre angesetzten Regional­ent­­wicklungsprozess. Die Rhetorik herkömmlicher Marketingmaßnahmen war dafür nicht geeignet, galt es doch, eine Idee, einen Prozess und damit verbundene Fragen und Zwischen­ergebnisse zu kommunizieren. Die Vorgehensweise, viele Institutionen, Fachgruppen und Menschen an der Entwicklung der Region zu beteiligen, machte den Prozess selbst zum wichtigsten Instrument der Kommunikation. Ziel war es, Vision Rheintal vor allem in den Köpfen der internen Zielgruppen zu verankern. Das Projekt hat unmittelbar etwas mit Barrieren, Grenzen und Übergängen, mit der Topografie eines bestimmten Raums und der damit verbundenen biologischen und sozialen Umwelt zu tun. Die kartografische Figur des natürlichen Flusslaufs und des begradigten, regulierten Rheinbetts abstrahierten wir zur Bildmarke der Kommunikation nach innen und außen. Die Kartografie mit diesem Ausschnitt diente als Basis immer wieder neuer Varianten erklärgrafischer Darstellungen oder in der schablonenhaften Vergrößerung als beschreibbare Charts für die Planungswerkstätten. Weitere Mittel und Maßnahmen der professionellen visuellen Kommunikation standen nicht im Vordergrund, sondern wurden lediglich begleitend und unterstützend eingesetzt. Wir haben also bewusst keine große Marke geschaffen, sondern ein schlichtes Erscheinungsbild mit sinnvollen Elementen für die visuelle und verbale Gestaltung.

Der Name Vision Rheintal steht für eine bestimmte Region und für in die Zukunft gerichtete Entwicklungen. Die von uns eingeforderte Beifügung „Raum kommunizieren planen“ bringt drei wesentliche Aspekte des Prozesses in richtiger Reihenfolge zum Ausdruck. Die Logotype „vis!on rheintal“ enthält eine kleine, aber wirkungsvolle Pointe. Das auf den Kopf gestellte i als ! setzt einen Kontrapunkt zur Bedeutung des Wortes Vision. Es verweist auf die Rückbesinnung auf den konkreten Raum und seine Geschichte, auf das Zusammenspiel von Wunschbildern (Vision) und Realität (Rheintal).
Aus der Reihe der von uns entwickelten Kommunikationsmaßnahmen zur „vis!on rheintal“ werden hier zwei exemplarisch vorgestellt.

Reinhard Gassner


(Tele)Vis!on Rheintal

Zum Abschluss des zweijährigen Entwicklungsprozesses entschieden wir uns, eine besondere Aktion in der regionalen Öffentlichkeit durchzuführen. Als Kontrast zum Blick von oben setzten wir hier auf horizontale Blickwinkel. Die Idee war, an verschiedenen Orten Bilderrahmen in der Blickhöhe von Erwachsenen aufzustellen, die Räume, Situationen und auch sensible Bereiche sichtbar machen. Es sind ins Rheintal gerichtete Sichtfenster, überall dort, wo „vis!on rheintal“ stattfindet oder stattfinden soll. Mit den Stahltafeln inklusive massiven Betonsockeln landete „vis!on rheintal“ also direkt vor Ort, genauer gesagt, an 34 ausgewählten Standpunkten im Rheintal. Die Bildöffnungen in den Stelen waren mit 34 × 60 Zentimetern im Hoch- oder Querformat definiert. Eine kurze Beschreibung erläutert die jeweiligen Ausschnitte und die damit fokussierten Aspekte. Der mit reflektierenden weißen Klebebuchstaben aufgebrachte Text bietet auf dem dunklen Cortenstahl einen wirkungsvollen Kontrast. Bereits der Diskussionsprozess in den Gemeinden um geeignete Standorte und Inhalte führte bei den Verantwortlichen zu einer intensiven Befassung mit wichtigen lokalen Fragestellungen und Aspekten zur räumlichen Entwicklung. Die Objekte selbst sind wirksame Zeichen im öffentlichen Raum und gleichzeitig Sichtwerkzeuge, die den Blick auf das Detail schärfen. Durch ihre Präsenz sprechen sie breite Bevölkerungskreise an und stellen eine Kommunikationshilfe für die Auseinandersetzung mit dem Lebensraum dar. Vertiefende Informationen boten die Gemeinden selbst in lokalen Medien, Gemeindeblättern und sonstigen Drucksachen an. Begleitend wurde eine Rheintalkarte als Faltplakat zur Lokalisierung und Beschreibung der jeweiligen Standorte herausausgegeben. Geplant war ursprünglich eine Aufstellungszeit von zwei Jahren – viele der Stelen stehen jedoch immer noch. Sie haben nichts von ihrer Aktualität eingebüßt und nutzen tagtäglich die Kontaktchancen der jeweiligen Standorte.

Reinhard Gassner


vis!on rheintal Dokumentation 2006

Dieses Buch ist ein Dokument der Ergebnisse und Übereinkünfte eines zweijährigen Arbeitsprozesses. Es manifestiert die erarbeiteten Standortbestimmungen und Leitbilder und dient für die weitere Entwicklung von „vis!on rheintal“ als Impulsgeber und Nachschlagewerk. Der kartografische Blick auf die Region zieht sich wie ein roter Faden durch die Publikation. Ein immer wieder gleicher Kartenausschnitt wird teilweise in einzelne Ebenen aufgelöst und thematisch durchdekliniert. Bildstatistische Darstellungen und aufmerksam gesetzte Tabellen ergänzen und strukturieren das umfangreiche Datenmaterial sowie die Planungsskizzen. Die durchgängige, pragmatische Gestaltung wurde federführend vom Gestaltungsbüro Stefan Gassner in Zusammenarbeit mit unserem Atelier geleistet. Ein kräftiges, leuchtendes Grün betont spielerisch Flächen, Grafiken und Texte und bringt eine unerwartete Frische in die oft trockene Materie. Das schmale, hohe Buchformat ist der kartografischen Proportion des Vorarlberger Rheintals angepasst. Auf der Innenseite der Einschläge finden sich exemplarische Schrägluftaufnahmen von der Talschaft und ihren Zentren.

Reinhard Gassner